Vom Spielen zum Aufzeichnen – oder so ähnlich.

Im letzten Artikel habe  ich ja versucht, ein paar theoretische Ausführungen zum Thema Gamification zu treffen. Und da Theorie etwas ganz tolles ist, geht’s heute auch nochmal weiter damit. Aber das wird dann auch der letzte Beitrag dieser Art sein, und das ist jetzt keine leere Versprechung.
Nun, wie schon angesprochen, spielt auch die Quantified Self Bewegung eine nicht zu verachtende Rolle beim Nike+ Konzept. Wie das ist eine Bewegung? Und was macht die? Und vor allem wie funktioniert die? Da tun sich einige Fragen auf, die nach Beantwortung schreien. Gehen wir´s mal an. Achja…übrigens beschäftigt sich mein Kumpane Fabian auch ziemlich ausführlich mit mit dem Thema Quantified Self.

„The Quantified Self“ ist ein Netzwerk von Menschen, die personenbezogene Daten aufzeichnen, analysieren und auswerten. Dieses Netzwerk besteht dabei aus Anwendern und Anbietern von Hard- und Softwarelösungen, um eben diese Daten aufzuzeichnen. Dabei geht es in erster Linie um den Erkenntnisgewinn über persönliche, gesundheitliche und sportliche Daten. Begonnen hat diese Bewegung vor gar nicht all zu langer Zeit, wie sollte es auch anders sein, in den USA. 2007 gründeten Gary Wolf und Kevin Kelly die Webseite quantifiedself.com,1 auf der sich Gleichgesinnte über Ihre „Self-Tracking“2 – Erfahrungen austauschen konnten. Diese Idee fand daraufhin auch ziemlich schnell Anklang über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus. In Deutschland ist sie allerdings „erst“ 2012 angekommen. Hier mal eine Selbstdefinition der deutschen Webseite,3 die im Prinzip genau das widergibt, was ich schon versucht habe, zu erklären:

„Quantified Self ist ein Gemeinschaft von Anwendern und Anbietern von Lösungen zur Erfassung und Auswertung von Daten über die eigene Gesundheit, das Verhalten oder die Umwelt. Ähnlich einem Spiegel liefern Daten über uns selbst eine Möglichkeit, uns zu reflektieren und zu erkennen, was bessere, informiertere Entscheidungen erlaubt. Die dabei eingesetzten Verfahren umfassen Selbst-Experimente, Verhaltens-Beochachtung, Lifelogging, die Erfassung biometrischer Informationen, Psychologische Tests, Dienste zur medizinischen Selbstdiagnose, Genomsequenzierung und vieles mehr.“

Hier nochmal ein paar interessante Ausführungen von Gary Wolf4 aus dem Jahr 2010 dazu:

Mittlerweile finden in diesem Zusammenhang weltweit und regelmäßig sogenannte „Meetups“ statt. Dabei werden Erfahrungsberichte von Anwendern ausgetauscht und Self-Tracking-Lösungen für Sport und Gesundheit vorgestellt. Außerdem gibt es schicke Produktpräsentationen von allerlei Unternehmen. Eine perfekte Vernetzung von Anwendern, Entwicklern und Anbietern digitaler Produkte also. Diese Treffen decken demnach alle Interessengruppen des Quantified Self mit einmal ab. Keine schlechte Idee.

Ok, die eine Seite der Menschen will also so viele Daten über den eigenen Körper und das eigene Verhalten sammeln und auswerten wie möglich, die andere Seite der Menschen macht das durch die Technik möglich. Das ist eigentlich gar nicht so neu. Spitzensportler oder auch chronisch Kranke messen schon seit langer Zeit Körperwerte und Alltagsaktivitäten und ziehen ihre Lehren daraus. Quantified Self liegt also im Prinzip der Wunsch nach Verbesserung des körperlichen und emotionalen Wohlbefindens zu Grunde. Man erfasst also Daten über sich selbst, als Spiegel, um sich selbst zu erkennen und zu verbessern. (Gary Wolf)
Früher wurden eben diese Daten über einfache Hilfsmittel wie Tagebücher und Tabellen festgehalten und ausgewertet. Allerdings, Digitalisierung sei Dank, sind diese Methoden mittlerweile weitestgehend durch Smartphone-Apps und Vitalitätssensoren ersetzt. Dadurch ist das Self-Tracking, was sonst nur „Privilegierten“ oder Kranken vorbehalten war, längst  Massenmarkttauglich geworden. Neue Geräte, wie vernetzte Waagen, Schrittzähler oder Schlafsensoren automatisieren die Datenerfassung und beinhalten meist eine Software zur Visualisierung der Werte. Neben der Erfassung von Daten zur Selbstbeobachtung zielen viele Produkte auf die Selbstmotivation der Anwender ab und versuchen diese zu einem von ihnen angestrebten Verhalten zu motivieren.
Nanu? Selbstmotivation? Kundenbindung? Das bekommt uns doch bekannt vor! Genau, CRM! Nike+! Das mit den Bögen schlagen funktioniert tatsächlich richtig gut. Denn genau auf diese Quantified Self Bewegung ist Nike aufgesprungen. Nike+ ist ein wunderschönes Beispiel, wie das Ganze heutzutage durch Apps und Gadgets umgesetzt wird. Und vor allem auch ein Beispiel dafür, was ein Unternehmen wie Nike dazu treibt, darauf aufzuspringen.
Soviel also zu den Theorien, um die es in diesem Lerntagebuch geht. Als nächstes werden wir uns dann mal die einzelnen Gadgets und Funktionen von Nike+ zu Gemüte führen. Endlich 🙂


  1. http://quantifiedself.com/ 

  2. http://selbstvermesser.net/2011/09/11/quantified-self-selbstvermesser-was-steckt-dahinter-teil1/ 

  3. http://qsdeutschland.de/ 

  4. http://www.youtube.com/watch?v=OrAo8oBBFIo 

About the Author

Florian Hellmich

Florian Hellmich studiert im siebten Semester Angewandte Medienwissenschaft an der TU Ilmenau. Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Digitale Kommunikation“ setzt er sich mit den Eigenarten und der Funktionsweiße von Nike+ auseinander.

6 Comments

  1. Hey Flo, das heißt also die Pulsuhr die ich seit einigen Jahren nutze ist auch unter Quantified Self einzuordnen?Oder wie muss ich mir das vorstellen?

    • Prinzipiell schon ja. Aber du nutzt die ja nur zum Puls überwachen während des laufens…beim Quantified Self gehts mehr darum, diese Werte auch aufzuzeichnen. Dich selbst zu überwachen praktisch und daraus dann „Lehren“ zu ziehen.Aber völlig falsch liegst du nicht

  2. Unglaublich was die Leute alles machen. Komplette Selbstüberwachung. Das kann ich mir echt kaum vorstellen. Noch weniger das das bewusst von Unternehmen eingesetzt wird

  3. Den Begriff Quantified Self hatte ich vor dem Beginn dieses Blogs hier noch nicht gehört. Das Prinzip dahinter schon. Aber kann es nicht sein, dass man Quantified Self auch mit Gamification verbinden kann? Ich meine, die Daten sind ja schon da, warum nicht mit anderen vergleichen?

    • Genau! Gamification ist sozusagen eine Teilmenge von Quantified-Self. Hier wird der Nutzer persuasiv dazu gebracht diese Angebote zu nutzen, die dann quantifiziert und analysiert werden. (QS)

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