In meinem vorherigen Beitrag habe ich mich dem Thema Gamification anhand einer Definition und eines kleinen Beispiels genähert. Heute möchte ich es von anderen spielorientieren Ansätzen abgrenzen, damit es in meinen späteren Beiträgen nicht zu Verwirrungen kommt.
Wie bereits erwähnt, gibt es keine eindeutige Definition und der Begriff hat sich im Laufe der Zeit auch stets weiterentwickelt. In einer kleinen Gesprächsrunde mit Fabi-, Christi- und Florian haben wir einige interessante Apps ausprobiert und über die aktuellen technischen Entwicklungen geplaudert geplaudert. Während des Gesprächs kamen wir an einigen Stellen auch auf Gamification zu sprechen, was mich dazu angeregt hat, ein paar „typische Verständnisfehler“ hinsichtlich der Definition aus dem Weg zu räumen:
Es geht bei Gamification nicht darum, die gewohnte Arbeitsumgebung in eine virtuelle Umgebung, ähnlich wie Second Life oder World of Warcraft, zu verlagern. Tatsächlich bedeutet Gamification genau das Gegenteil: Man befindet sich in seiner gewohnten Umgebung und hat nach wie vor das gleiche Ziel bzw. die gleiche Aufgabe vor Augen. Das kann zum einen das Erledigen einer Arbeit sein, aber auch der Besuch eines Onlineshops um ein Produkt zu kaufen. Durch Gamification wird versucht, das Erlebnis zu verbessen: Es geht darum von Spielen zu lernen, welche Elemente das Erlebnis erweitern und wie man dessen Bedeutung so bereichert, dass es zu einer steigenden Motivation führt – ohne das der Nutzer aus seiner gewohnten Umgebung gerissen wird.
Gerade in großen Unternehmen ist Gamification innerhalb der Arbeitsbereiche immer häufiger anzutreffen. Beispielsweise in der internen Kommunikation auf Social-Software-Plattformen oder bereits in bestimmte Arbeitsabläufe fest integriert. Dennoch muss man auch hier genau darauf achten, dass nicht alles unter den Bereich der Gamification fällt: Es ist ein Unterschied, ob ein Mitarbeiter eine Runde Solitaire spielt, weil ihn die Arbeit gerade langweilt oder ob man gezielt versucht, die Schritte in einem Arbeitsprozess durch Spielelemente erweitert und somit gegebenenfalls spannender macht.
Im Bereich des Marketings wird häufig auf Spiele zurückgegriffen, um Aufmerksamkeit für ein Unternehmen oder Produkt zu generieren. Ein Beispiel hierfür ist etwa McDonald’s1 Monopoly2, was durchaus als erfolgreiche Marketingkampagne gewertet werden kann. Gerne werden auch Ad-Games, wie beispielsweise das Spiel „ProviStars: Die Log-O-Matik“3 der Provinzial Versicherung, mit Gamification gleichgesetzt. Auch Spielzeug-Beilagen in Zeitschriften oder etwa Müsliprodukten verknüpfen ein Spiel mit einem Unternehmen:In allen drei Fällen handelt es sich allerdings nicht um Gamification. Das McDonald’s Monopoly- Spiel verändert nicht das Kauf-Erlebnis. Im Grunde ist es ein Rubbelspiel, das man während des Besuchs einer Filiale zusätzlich spielen kann. Es geht dabei nicht darum, von Spielen zu lernen und diese Spielelemente in den bestehenden Geschäftsprozess einzubinden. Im Grunde handelt es sich um ein Spiel, das den Kunden zum Kaufen anregen soll, da er sich hierfür eine Art Belohnung erhofft.
Im Grunde stehen diese Beispiele dem Gamification in gewisser Weise sehr nahe, doch der Unterschied besteht darin, dass hier eigenständige Spiele verwendet werden statt ein Spiel auf adaptive Elemente und Techniken zu untersuchen und diese Mechanismen auf andere Situation anzuwenden.
Jetzt habe ich etwas ausführlicher darüber geschrieben, was Gamification nicht ist – also was ist es dann? Hält man sich die Definition vor Augen, steht Gamification nicht für ein eigenständiges Spiel sondern bedeutet:
Kevin Werbach ist Professor an der Wharton School der University of Pennsylvania und beschreibt das Verständnis von Gamification zusätzlich wie folgt:
Der erste Punkt bedeutet, dass man sich der Macht von Spielen bewusst werden soll und versuchen sollte, die ausgeklügelten Methoden des Game Designs zu verstehen, Elemente zu abstrahieren und zu verstehen, ob diese Techniken auf andere Bereiche übertragbar sind. Der zweite Punkt geht darauf ein, dass man beim Einsatz von Gamification nicht nur das Spieldesign, sondern auch Theorien aus den Bereichen Psychologie, Management, Marketing und der Wirtschaftswissenschaften berücksichtigen muss. Laut Werbach geht es nicht nur darum, Motivation zu verstehen, sondern auch das Verhalten von Menschen in unterschiedlichen Situationen – wie etwa im Arbeitsleben, bei Marketingaktivitäten, auf Crowdsorcing-Plattformen oder auch die Gründe von Verhaltensänderungen verstehen muss. Auch geht es um das Verständnis, welche Verhaltensweisen durch den Einsatz bestimmter Gestaltungsmustern hervorgerufen werden. Gamification ist also ein sehr breit gestreutes Feld, bei dem verschiedene Ansätze hilfreich sind. Im Bereich Finanzen und Gamification wären beispielsweise Theorien zur Verhaltensökonomie von Bedeutung.Der letzte Punkt bezieht sich auf den Spielspaß. Werbach beschreibt Spaß als komplexes Konstrukt, das sich schwer in kurze Definitionen verpacken lässt. Wer Gamification einsetzen möchte, muss anerkennen, dass der Spaß eine der treibenden Kräfte der Nutzer darstellt. Er sorgt dafür, dass Spiele durch viele Epochen eine so wichtige Rolle in der Gesellschaft eingenommen haben und mehr sind als die Regeln, die ein Spiel begreifbar machen, sondern in seiner Ausführung dafür sorgt, dass die Spieler „Spaß“ empfinden.
In meinem nächsten Artikel möchte ich noch einmal eine Abgrenzung zu thematisch naheliegenden Begriffen vornehmen, anschließend werden wir das Thema Spiel weiter vertiefen und auch ganz bald mit einen Beispielen im Bereich Fitness anfangen. Ich probiere im Hintergrund schon fleißig einige Apps aus und bin jetzt schon sehr begeistert, welche Kreativität viele Entwickler hier an den Tag gelegt haben. Seid gespannt! 🙂
Interessante Betrachtungsweise…und völlig richtig und wichtig mal gesagt zu haben. Denn wie wirs besprochen hatte, ist es schon notwendig das mal auf den Punkt zu bringen. Denn Gamification ist ja wie wir wissen : Verwendung spielerischer Elemente in nicht spielerischen Kontexten 🙂 und nicht einfach nur Spielen!