Gamification und Fitness – mein Fazit

Natürlich komme ich nicht umher, ein abschließendes Fazit meiner Untersuchung zu bilden. Es ist natürlich klar, dass meine Ergebnisse aufgrund des gewählten Untersuchungsdesigns und der Beschränkungen auf ein paar Fitness-Apps weder repräsentativ noch statistisch signifikante Aussagen erlauben. Vielmehr ging es darum, dass wir in der Learningcommunity einen Überblick und ggf. neue Erkenntnisse in das komplexe Thema der „digitalen Fitness“ erhalten. Jeder von uns hat sich auf DigitalFit einem sehr spannenden Bereich in diesem außergewöhnlich stark wachsenden Markt gewidmet, der eine immer größere Relevanz für Menschen und Unternehmen entwickelt. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Auswahl wissenschaftlicher Quellen und quantitativer Absicherungen sehr eingeschränkt ist, was nicht zuletzt der Neuartigkeit der Themen geschuldet ist.

Innerhalb unserer Community haben wir verschiedene Apps und Gadgets ausprobiert um zu trainieren, unsere Daten zu erfassen und intensiv die vorhandenen Theorien auf praxistauglichkeit analysiert. In meinem Fall habe ich versucht, die in einem (Kommunikations-) Prozess integrierten Spielmechanismen zu ermitteln und herauszufinden, wie hierdurch beispielsweise Aufgaben kommuniziert werden, die zu einer Motivationssteigerung oder Verhaltensänderung beim Nutzer führen können.

Hinsichtlich der Motivation von Fitness-Apps war auffällig, dass besonders instrinsische Motivatoren angesprochen wurden. Grundsätzlich ist das auch nicht verwunderlich, da das Bedürfnis nach Fitness auch genau dazu passt. Im Bereich Gamification darf man das ganze allerdings nicht zu trennscharf betrachten, da durch Mechanismen wie Abzeichen/Ranglisten ein extrinsischer Motivator auch schnell intrinsisch (Ansehen, Status) werden kann. Das ist eine der Stärken von Gamification und in dieser Form nur bei digitalen Medien möglich. Die Motivation ist der alles entscheidende Punkt, der über die längerfristige Nutzung einer App entscheidet. Die FitCheck-App der DAK Krankenversicherung1 verfügt beispielsweise ein gut funktionierendes Bonuspunktesystem mit realen Prämien, aber im Vergleich sind nur wenige intrinsische Motivatoren zu finden. Auf Dauer ist allerdings eine intrinsische Motivation des Nutzers anzustreben, da sie wesentlich stärker und langfristiger wirkt2. Hier spielen natürlich viele verschiedene Punkte eine Rolle und das Potential hinter Gamification offenbart sich erst in den kommenden Jahren, wenn es in immer mehr Situationen implementiert wurde.

Der recht milde Winter begünstigte das Lauftraining in diesem Jahr

Kein Grund für Ausreden: Der milde Winter 13/14 begünstigte das Lauftraining

Ob die spielifizierte Kommunikation der Trainingsaufgaben bei Apps erfolgsversprechender ist und zu einer Motivationssteigerung führt, haben wir in unserer Learningcommunity mit einem klaren „Ja“ beantwortet. Allerdings ist eine differenzierte Betrachtung sehr schwierig, da viele Mechanismen (zum Beispiel eine Rangliste) erst durch die zusätzliche Quantifizierung der Trainigsleistung möglich werden – womit wir schon wieder bei Fabians Themenschwerpunkt sind.

Im Rahmen der 47.ten Hawaii International Conference on System Sciences haben Hamari, Koivisto, & Sarsa (2014) empirische Studien analysiert um die Effekte von Gamification zu untersuchen. Im Ergebnis haben die meisten empirischen Untersuchungen, das Gamification tatsächlich positive Effekte hervorruft. Jedoch gibt es noch Vorbehalte, die es zu beachten gilt – zu den häufigsten Einschränkungen zählen das Einsatzgebiet, die persönlichen Eigenschaften und Präferenzen des Anwender und mögliche Neuigkeitseffekte, die bei „neuartigen“ Untersuchungsgegenständen immer wieder zu Verzerrungen führen können. Den Downloadlink zur Studie findet ihr unten in den Fußnoten3 .

Es zeigt sich also, das Gamification nicht immer sinnvoll ist und bei dem Einsatz auch der Anwender/Zielgruppe berücksichtigt werden muss. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass eine Orientierung am Flow-Erlebnis für den Nutzer eines der effektivsten Zustände ist, den man durch Gamification erreichen kann. Dies soll natürlich keine allgemeingültige Aussage über das Ziel von Gamification-Ansätzen darstellen, aber im Bereich der Fitness-Apps macht es durchaus Sinn, wenn der Nutzer dadurch an ein Training herangeführt wird. Hinsichtlich der Zukunftsaussichten bin ich sehr gespannt, was uns noch so alles erwartet. Das Internet of Things kommt mit großen Schritten auf uns zu, die Möglichkeiten von Quantified Self und Big Data kommen so langsam erst zum Vorschein und werden auch für Versicherungen, Mediziner und Forscher immer interessanter – auch die weitere Entwicklung des Vorreiters Nike Plus, als perfektes Beispiel für den Marketing-Einsatz, erwarte ich mit Spannung.

Ich habe in den vergangenen Monaten meine Trainingseinheiten mit diversen Apps getrackt, dabei stets den Trainingspuls mit dem H7 von Polar beobachtet, meine täglichen Schritte und Schlafrhythmen mit Jawbones Up-Armband aufgezeichnet und mit einer Withings- Waage neben meinem Gewicht, den Ruhepuls und den Sauerstoffgehalt meiner Raumluft überwacht. Die Ergebnisse habe ich bisher alle für mich behalten, aber hierauf bin ich schon ein wenig stolz 🙂

  1. Before
  2. After

  1. Siehe DAK.de – FitCheck-App – Zuletzt abgerufen am 28.02.2014 

  2. Pink, Daniel H.: 2011, Drive. The surprising truth about what motivates us 

  3. Hamari, J., Koivisto, J., & Sarsa, H. (2014). Does Gamification Work? – A Literature Review of Empirical Studies on gamification. In proceedings of the 47th Hawaii International Conference on System Sciences, Hawaii, USA, January 6-9, 2014. – Zum Download der Studie 

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About the Author

Niclas Deißler

Niclas Deißler studiert seit 2010 an der Technischen Universität Ilmenau Angewandte Medienwissenschaft. Durch diesen Studiengang konnte er schon zahlreiche Erfahrungen in den Bereichen PR, Entrepreneurship und Marketing sammeln. In seiner Freizeit schreibt er auf DigitalFit.de rund um die Themen Quantified Self, Gamification, Fitness-Gadgets und E-Health.

5 Comments

  1. Über deinen Punkt, der den Wechsel von extrinsisch zu intrinsisch beschreibt habe ich etwas länger nachgedacht und er macht absolut Sinn! Witzig, wie man sich selbst dabei ertappt, auf die Mechanismen „hereinzufallen“ 😀
    Aber für den App-Entwickler gibt es ja wirklich nichts mächtigeres, als wenn der Nutzer eine eigengetriebene Motivation aufbaut!

    Wie du bereits gesagt hast: Ohne digitale Medien wäre das nicht so leicht möglich. Mal sehen was die Zukunft so bringt

  2. Hey Niclas,

    super Einblick und eine gelungene Aufbereitung des Themas – auch vielen Dank für die Verlinkung! 🙂
    Deiner Einschätzung hinsichtlich der intrinsischen Motivation kann ich nur aus eigener Erfahrung zustimmen. Die kommt aber Meinung nach ganz schnell, sobald man die ersten Erfolge sieht. Gerade durch die vielen Graphen und Statistiken ist das ja heutzutage kein Problem mehr.

    Und Respekt zu deinen persönlichen Ergebnissen, da kann bei dir ja bald der erste Marathon beginnen!!

    Bleibst du denn jetzt weiter am Ball oder ist mit dem Ende der Untersuchung auch der Trainingsplan zu Ende?

  3. Ich bin dir auch sehr dankbar Niclas, wenn ich überlege, was ich vorher für Couch-Potato war. 😉
    Vor allem aber nochmal ein Lob für die Stringenz und die optische Aufarbeitung deiner Beiträge in den letzten Wochen und Monaten! Ein klasse Blog ist das geworden!

  4. Hi,
    über die Google-Suche bin ich hier gelandet und finde das Thema sehr interessant!
    Ich finde es gut, dass sich die Forschung so langsam ernsthaft mit Gamification beschäftigt und die Theorien sind ja geradezu prädestiniert für Health 2.0/Wellness/Fitness- Apps. Also: Spannendes Forschungsgebiet und deine bisherigen Erkenntnisse, Niclas, kann ich so nur unterschreiben.

    Interessanter Aufbau, den ihr da mit eurer Lerngruppe habt – gefällt mir sehr gut! 🙂

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